10 Antworten vom Chefarzt

Dr. Lars Hellmeyer ist Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im Vivantes Klinikum Friedrichshain in Berlin. In diesem Gespräch erklärt er die klinische Seite von Fehlgeburten und liefert Antworten über die medizinischen Konsequenzen, mögliche Ursachen sowie Eileiterschwangerschaften.

Wie können sich Fehlgeburten ankündigen?

Meist durch Unterleibsschmerzen wie bei der Regel und durch vaginale Blutungen.

Kann man einem Abort überhaupt vorbeugen?

Bei einigen Ursachen kann man gegensteuern. Etwa durch eine Operation an der Gebärmutter, Hormongaben, Einstellung der Schilddrüsenerkrankung und des Diabetes Heparin. Bei einigen Ausnahmen auch durch Partnerwechsel.

Viele Frauen haben nach einer Fehlgeburt ein schlechtes Gewissen, etwas falsch gemacht zu haben. Etwa, weil sie Stress hatten oder Sport gemacht haben. Was sagen Sie denen?

Sie haben nichts falsch gemacht, das ist wirklich eine Laune der Natur und gerade wenn die häufige Chromosomenstörung bei Verschmelzung die Ursache ist, entscheidet die Natur sich z.B. gegen ein schwer geschädigtes Kind. Man hat keinerlei Einfluss auf den Erhalt der Schwangerschaft.

Spielt das Alter dabei eine Rolle?

Ja, je älter, desto höher ist die Rate, auch gerade wegen der Zunahme an Chromosomenstörungen.

Warum wird erst nach drei Fehlgeburten nach Ursachen geforscht?

Weil es bis dahin fast noch ein normaler Prozess ist, dass die Natur hier selektiert. Das zeigt allein schon die Häufigkeit.

Und ab wann stehen detailierte Untersuchungen an?

Nach der 2. oder 3. Fehlgeburt, ohne dass man schon Kinder hat, kann eine Abklärung der zuvor genannten Ursachen in einem Kinderwunschzentrum erfolgen.

Ausschabung oder Abgang durch Tabletten: Wann macht welche Methode Sinn?

Das ist individuell und auch kulturell bzw. länderspezifisch verschieden. Wenn es mit Tablette geht, ist das am schonendsten für die Organe, manchmal ist es aber dann ein langer Weg mit vielen Blutungen, und am Ende muss dann doch noch eine Kurettage gemacht werden. Wir wenden hier meist die Methode der schonenden Saugkurettage an.

In welchen Fällen wird der Fötus untersucht?

Frühestens nach dem zweiten oder dritten Abort ist es sinnvoll, auf chromosomale Auffälligkeiten zu untersuchen. Ansonsten wird bei uns immer nachgesehen, ob es sich um Schwangerschaftsgewebe handelt, weil manchmal auch eine Eileiterschwangerschaft vorliegen kann, die dann hoch akut wird.

Wodurch entstehen Eileiterschwangerschaften?

Ursachen könnten vorausgehende Entzündungen sein, sodass die Eileiter hier nicht mehr optimal funktionieren. Aber auch Zufall. Die genaue Häufigkeit kann ich ad hoc nicht sagen. Mindestens zweimal pro Woche sehen wir aber das Krankheitsbild.

Ab wann kann man wieder schwanger werden?

Nach einer normalen Periode.

PD. Dr. Lars Hellmeyer absolvierte sein Medizinstudium von 1989 bis 1995 an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Im Jahr 2008 folgte seine Habilitation. Seit 2010 war er als leitender Oberarzt in der Asklepios Klinik Barmbek (größte Klinik Norddeutschlands mit ca. 2700 Geburten pro Jahr) tätig. Derzeit ist Dr. Hellmeyer Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im Vivantes Klinikum Friedrichshain in Berlin. Sein Schwerpunkt ist die Geburtshilfe und die Perinatalmedizin.
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