Celina (24)Heilerziehungspflegerin

Zwei Schwangerschaften im Eileiter

Celina hatte mit 24 zwei Eileiterschwangerschaften auf zwei verschiedenen Seiten. Sie schreibt eindringlich und detailliert über ihre Erfahrungen, was wichtig ist, denn nicht selten werden EUs zu spät erkannt oder die Symptome nicht ernst genommen.

Ich hatte ziemlich früh getestet, denn ich verspürte schon einige Tage, bevor ich meine Periode bekommen sollte, Übelkeit und ein Spannen der Brüste. Zeichen einer Schwangerschaft? Hoffnung machte sich breit und die Ungeduld siegte, sodass ich einen Schwangerschaftstest machte. Genau genommen waren es drei. Drei eindeutig positive Ergebnisse lagen da vor mir, einer mit Wochenbestimmung, der anzeigte, dass ich in der 1-2 Woche sei. In dem Moment dachte ich, vor Glückseligkeit platzen zu müssen. Die Vorstellung eines gemeinsamen Lebens zu dritt, mein Partner, das Kind und ich - Ich fühlte mich so voller Liebe.

Mein Partner und ich führten zu dem Zeitpunkt noch eine Fernbeziehung: Er in Dortmund, ich in Stuttgart. An dem Wochenende darauf kam er zu Besuch und wir befanden uns gemeinsam in unserer Glücksblase. Doch die Glücksblase hielt nicht lange. Montags saß ich bereits bei meinem Frauenarzt mit leichten Blutungen und einer riesigen Angst. Ich wusste, etwas stimmt nicht.

Mit der Diagnose eines frühen Abgangs und einer zweiwöchigen Krankmeldung saß ich weinend zuhause. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so geweint habe. Mein Partner bekam Urlaub und fuhr zu mir, seine Nähe war mein Halt.

Die Woche darauf fuhr ich mit zu ihm nach Dortmund. Jedoch fühlte ich mich immer noch schwanger. Ein Schwangerschaftstest zeigte mir wieder ein positives Ergebnis an und ich fragte mich, wie lange HCG im Urin bleibt. Meine Schwester, die ebenfalls in Dortmund wohnt, kam auf die Idee, wieder einen Test mit Wochenbestimmung zu machen. So fuhren wir in die Apotheke und anschließend führte ich den Test bei ihr zuhause durch. Das Ergebnis: 3+!

Ich war verunsichert und so fuhr ich in eine Gynäkologische Ambulanz. Die Ärztin nahm mich und meine Verunsicherung nicht ernst. Sie sagte, dass ein solches Ergebnis nicht aussagekräftig sei, und was ich denn nun von ihr erwarten würde. Ich bestand auf eine Ultraschalluntersuchung, wollte wissen, was nicht stimmt. Ich wollte eine ärztliche Abklärung. Die Gynäkologin führte widerwillig einen Ultraschall durch, in der Gebärmutter war wie zu erwarten nichts zu erkennen.

Links am Eierstock stoppte die Gynäkologin, sie sehe dort eine Veränderung, vermutlich eine Zyste, eventuell auch etwas anderes. Sie könne mir nicht sagen, was das zu bedeuten hat. Um eine Diagnose zu erhalten, müsse man den „Bauch aufmachen“. Ich gab an, dass mein Gynäkologe zwei Wochen vorher meine Eierstöcke kontrolliert hatte und nichts zu sehen war. Darauf reagierte sie nicht.

Stattdessen riet sie mir, meinen Gynäkologen aufzusuchen, dieser soll sich um eine Weiterbehandlung kümmern. So entließ sie mich, mit einer Menge Sorge und dem Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimme.

Ich hielt mich jedoch an ihren Rat und so suchte ich, als ich wieder in Stuttgart war, meinen Gynäkologen auf.
Ich war bereits zwei Tage vorher zur Blutabnahme dort und heute sollte ein Ultraschall stattfinden. Die Arzthelferin gab an, dass nochmal Blut abgenommen werden müsste, mein hCG-Wert sei nicht stimmig. Er ist weiter angestiegen, jedoch nicht adäquat wie bei einer intakten Schwangerschaft.

Beim Ultraschall war nun auch zu sehen, um was es sich handelt, vermutlich eine Eileiterschwangerschaft im linken Tubenwinkel, keine Zyste oder etwas anders am Eierstock, wie die Gynäkologin in der Ambulanz vermutete.

An den Tubenwinkeln münden die Eileiter in die Gebärmutter und genau da sollte mein Baby stecken geblieben sein?

Ich erhielt eine Überweisung ins Krankenhaus und machte sogleich einen Termin für den nächsten Tag aus. Aufgeregt und mit großer Sorge betrat ich die Gynäkologische Abteilung des Krankenhauses. Zu meinem Pech funktionierte die Technik im Haus nicht, sodass das Fax meines Gynäkologen mit allen Befunden und Blutwerten nicht angekommen ist. Die behandelnde Gynäkologin glaubte nicht an eine Eileiterschwangerschaft, denn ich hatte keine Schmerzen. Dass mein hCG auf 8560 angestiegen ist und zwei Tage zuvor noch bei um die 7000 war, glaubte sie mir ebenfalls nicht. Sie gehe davon aus, dass es sich um Myome handeln würde.

Meine Blutergebnisse wollte sie noch abwarten, allerdings ist sie nicht von einer Operation ausgegangen und gab an, dass ich nicht mehr nüchtern bleiben müsste. Zu meinem Glück bekam ich außer einem Kaffee nichts herunter und so saß ich zwei Stunden später wieder vor der Gynäkologin. Diesmal ging alles sehr schnell. Die Oberärztin hatte auf dem Ultraschall die Eileiterschwangerschaft erkannt.

Ich wurde für die Operation vorbereitet und kurze Zeit später erhielt ich die erste Narkose meines Lebens. Die Operation war nicht ganz komplikationslos. Die Schwangerschaft im Eileiter ging bereits „auseinander" und die operierende Ärztin erklärte mir später, dass sie die Eileiterschwangerschaft aus meinem Eileiter „zupfen“ musste. Während der Operation blutete ich stark, sodass ich an dieser Stelle im Tubenwinkel genäht werden musste.

Am nächsten Tag erfuhr ich dann, dass mein linker Eileiter erhalten werden konnte. Die vier Tage im Krankenhaus war ich in meiner eigenen Blase, konnte noch nicht trauern und auch noch nicht realisieren, was da mit mir passiert ist.

Meine Bettnachbarin war in dieser Zeit jedoch ein Segen. Ich glaube, ihr war gar nicht bewusst, wie gut sie mir getan hat. Sie teilte mir ihr Schicksal mit: Sie hatte zwei Fehlgeburten, bevor sie zwei gesunde Kinder bekam. Wir redeten stundenlag und ich hörte kein einziges Mal, wie von allen anderen, dass ich noch jung sei und es beim nächsten Mal klappen würde. Stattdessen nahm sie meinen Schmerz an, erkannte ihn an, sie vertröstete nicht auf eine zukünftige Schwangerschaft. Sie sagte, mein Baby sei so kurz vorm Ziel gewesen und damit benannte sie, was ich gedacht hatte.

Die nächste Zeit war geprägt von Trauer, Wut, Leere und Frust. Mein Partner fing mich auf, war jedoch selbst voller Trauer. Der Weg zurück in den Job, wieder in die alte Welt war schwer. Denn da war ja die Vorstellung meiner neuen Welt, meiner neuen Lebensperspektive, meiner neuen Aufgabe. Mir fiel es schwer, diese neue Welt gehen zu lassen, und mich wieder in meiner alten Welt zurecht zu finden. Mein Job war plötzlich eine Last, es bereitete mir keine Freude mehr und dabei habe ich diesen Job vorher geliebt. Ich entschied, zu kündigen und nach Dortmund zu ziehen. Mir ging es besser. Dass mein Partner nun immer bei mir war sowie der Neuanfang in meiner eigentlichen Heimat, in einer neuen Arbeitsstelle, trug sehr zur Wiederherstellung meines Seelenheils bei.

Sieben Monate nach meiner Eileiterschwangerschaft entschieden wir uns dazu, es nochmal zu probieren. Und es klappte: Im ersten Übungszyklus wurde ich wieder schwanger.

Diesmal war am Tag meiner eigentlichen Periode nur ein leichter zaghafter zweiter Strich zu erkennen. Ich hatte diesmal auch keine Blutungen und keine Übelkeit. Aufgrund meiner letzten Erfahrung machte ich zügig einen Frauenarzttermin aus, um eine mögliche Eileiterschwangerschaft frühzeitig erkennen zu können. Ich freute mich und war natürlich voller Euphorie, diese war jedoch auch gedrückt durch die letzte Eileiterschwangerschaft.

Meine neue Frauenärztin nahm mich ernst. Ich war zufrieden mit der ersten Untersuchung. Natürlich war noch nichts zu sehen, ich war zu früh. Rechnerisch war ich wieder bei 4+0. Die Frauenärztin sah eine gut aufgebaute Schleimhaut. Das nahm ich als gutes Zeichen, so war doch beim letzten Mal meine Schleimhaut nicht aufgebaut.

Ich hielt mich an diesem Gedanken fest, auch als mir die Arzthelferin zwei Tage später mitteilte, mein HCG sei mit 29,5 zu niedrig. Zwei Tage später hatte sich mein hCG jedoch auf 75 verdoppelt und ich erinnerte meine Frauenärztin auch nochmal daran, dass ich keinen 28 Tage Zyklus habe, sondern einen 30 Tage Zyklus. Das würde natürlich bedeutet, dass ich noch nicht so weit war wie Frauen, die einen kürzen Zyklus haben.

Mir wurde in einem Zeitraum von 6 Tagen drei Mal Blut abgenommen, um die aktuellen Werte zu bestimmen. Den letzten Wert erhielt ich von der Arzthelferin, mit der Bitte, in der Praxis zu erscheinen. Da wusste ich jedoch bereits, dass etwas nicht stimmte, denn ich lag schon im Krankenhaus.

Am Abend vorher bekam ich auf der rechten Seite starke Unterbauchschmerzen. Diese kamen krampfartig und wurden mal stärker, mal schwächer. Als die Schmerzen immer stärker wurden und vaginale Blutungen dazu kamen, fuhr mich mein Partner in die Gynäkologische Ambulanz, in der ich schon bei der letzten Eileiterschwangerschaft wegen meines Schwangerschaftstest mit 3+ Wochenbestimmung war.

Die Ärztin war nett, stellte etwas am rechten Tubenwinkel fest und sah Blut im Bauchraum. Ich bekam ein Zimmer, musste mich aufgrund der Schmerzen erbrechen und bekam Schmerzmittel. Ich sollte allerdings schneller als gedacht operiert werden. Es wurde nun eine Eileiterschwangerschaft auf der rechten Seite vermutet. Nicht wie beim letzten Mal auf der linken.

Nach der Operation konnte mir niemand sagen, was gemacht wurde, ob ich meinen Eileiter noch habe und ob sich der Verdacht einer Eileiterschwangerschaft bestätigt hatte. Ich musste auf die Visite am nächsten Tag warten. Dort wurde mir mitgeteilt, dass mein rechter Eileiter nicht erhalten werden konnte und sich der Verdacht einer Eileiterschwangerschaft bestätigt hatte.

Ich lag auf der Station, in der Mütter mit ihren Neugeborenen lagen, ich begegnete auf den Fluren werdenden Müttern. An den Wänden hingen Bilder von Babys. Mir ging es körperlich schnell wieder gut. Ich war am Abend am Tag der Operation wieder mobil. Am nächsten Tag wurde die Drainage gezogen und seitdem hatte ich keine großen Schmerzen mehr. Keine körperlichen Schmerzen. Emotional fühlte ich mich absolut kaputt.

Ich weinte durchweg, die Krankenpfleger-Innen haben oft gedacht ich würde weinen wegen den körperlichen Schmerzen, aber ich weinte wegen meines Verlustes. Ich weinte, wenn ich die Bilder im Flur hängen sah, wenn ich ein Neugeborenes weinen hörte und wenn mir eine werdende Mutter begegnete. Mein Körper fühlte sich an, als hätte er versagt. Ich fühlte mich hilflos, weil ich so wenig beeinflussen konnte, was da passiert ist.

Die Ärztin im Krankenhaus riet mir, es nicht nochmal auf natürlichem Wege zu versuchen, da mein linker Eileiter defekt sei und rechts nun mal keiner mehr vorhanden ist. Und wenn ich ganz ehrlich war, wollte ich es auch nicht nochmal auf natürlichem Wege probieren. Ich weiß nicht, ob ich eine erneute Eileiterschwangerschaft verkraften würde, emotional und körperlich. Aber der Gedanke, dass mir das Mutterwerden so erschwert wird und ich es nicht auf natürlichem Wege erleben kann, war unerträglich. Ich haderte mit unserem Schicksal und als ich entlassen wurde, konnte ich nicht allein sein. Umgeben von meinem Partner, meiner Schwester, meiner Mutter und meiner besten Freundin fand ich Trost, auch viel Ablenkung. Allein mit meinen Gedanken war es unerträglich.

Eine Woche später war ich zur Nachkontrolle bei meiner Frauenärztin, wir sprachen über meine Eileiterschwangerschaften, meinen Kinderwunsch, der besteht, den ich kurzzeitig pausieren möchte, um wieder zu Kräften zu kommen und mir wurden die Fäden gezogen. Wir sprachen darüber, dass die Ärztin im Krankenhaus mir geraten hat, dass ich es nicht nochmal auf natürlichem Wege probieren soll. Meine Frauenärztin sagte daraufhin. „Verdammt, Sie sind 24.“

Ja, ich bin 24, habe einen defekten linken Eileiter und rechts keinen. Eine wirkliche Chance schwanger zu werden, habe ich, aber nicht auf natürlichem Wege. Das ist aber okay oder es wird okay werden. Denn irgendwann werde ich hoffentlich Mama sein.

Das Ende vom Anfang – Celina
Celina (24)Heilerziehungspflegerin

Mein Name ist Celina, ich bin 24 Jahre alt und Heilerziehungspflegerin.

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Chronik einer Fehlgeburt

Am 28.03.2021 veröffentlicht.
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Über Trauer und Glück

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