Christiane (35)Erzieherin

Der Kinderwunsch war immer da.

Christiane hatte zwei Fehlgeburten. Eine mit 16 und eine viele Jahre später. Beide haben sie sehr mitgenommen und sie würde gerne mehr und offener darüber sprechen.

Ich habe diesen so schmerzvollen Verlust bisher zweimal hinnehmen müssen.

Das erste Mal war ich 16. Ja, ich war unvorsichtig. Total untypisch für mich. Schließlich war ich doch diejenige, die in der Familie immer mit dem Satz "Das darf man nicht, das ist verboten" zitiert wird. Trotzdem freute ich mich. Ich liebte Kinder damals schon. Wusste zu diesem Zeitpunkt schon, dass ich mal Erzieherin werde. Natürlich war es erst ein kleiner Schock. Aber es war auch schön. Vor allem, weil ich wusste, dass es zwar schwierig aber machbar sein würde. Ich wusste genau, dass meine Familie hinter mir gestanden hätte. Meinen Realschulabschluss hätte ich zeitlich locker geschafft. Trotzdem erzählte ich meinen Eltern nichts. Auch wenn ich mir sicher war, was würden sie von mir denken? Würde ich sie vielleicht doch enttäuschen?
Einige meiner Freunde wussten es. Meiner kleinen Schwester erzählte ich auch, dass sie Tante wird. Tante, mit 13... Sie freute sich mit.

So vergingen einige Wochen. Ich ging nicht zum Arzt. Denn dann wüssten es meine Eltern ja doch. Eines Morgens wachte ich mit höllischen Krämpfen auf. Schmerzen, die ich bis dahin nicht kannte. Meine Schwester kam ins Zimmer. Von da an weiß ich nur noch, dass ich plötzlich das Bedürfnis hatte, auf Toilette zu gehen. Ich stand also auf. Kaum auf den Beinen, verlor ich eine Menge Blut. Wahrscheinlich die geplatzte Fruchtblase. Da wusste ich schon, was los war. Ich war dabei, mein Baby zu verlieren. Meine kleine Schwester wischte das Blut auf und rief meine Mama an. Das weiß ich aber nur vom Erzählen. Ich selbst weiß von diesem Tag nur noch, dass ich mit meiner Mama beim Hausarzt saß und der sagte: "Ja, Sie hatten Recht. Sie waren schwanger." Ich weiß nicht einmal mehr, was ich gefühlt habe. Am nächsten Tag hatte ich dann eine Ausschabung im Krankenhaus.

Bis heute leide ich darunter. Im März (Zeugung), Mai (Verlust) und Dezember (eigentliche Geburt) ist es besonders schlimm. Ich hätte jetzt schon ein 19-jähriges Kind.

Mein jetziger Freund und ich haben den Kinderwunsch lange aufgeschoben. Er wollte auf den richtigen Augenblick warten. Letztes Jahr dann hat es geklappt. Wir waren schwanger. Zum Termin mit Ultraschall in der 9. Woche war er zum Glück dabei. Der Arzt schallte. Stellte aber fest, dass keine Zellteilung stattgefunden hat. Am nächsten Tag Curetage. Wieder brach meine Welt zusammen. Nun ist mein Freund etwas "realistischer". Er wollte mir meine Trauer nicht ausreden, verstand sie aber nicht. Es wäre doch gar kein Kind da gewesen. Das nicht. Aber ich war bereits eine Mama. Vom ersten Verdacht einer Schwangerschaft an, spätestens beim ersten Blick auf den positiven Test ist eine Frau eine Mama.

Wir haben nun unser Regenbogenbaby. Und wie es aussieht, hat sich nun auch ein möglicher Grund für die Fehlgeburten gefunden. Trotzdem habe ich Angst vor einer erneuten Schwangerschaft. Wir werden es versuchen, aber die Angst vor einem erneuten Verlust bleibt.

Man hört immer das selbe:

  • "Es war doch noch früh."

"Dann sollte es so sein."

"Die Natur weiß schon, was sie tut."

"Es war doch noch gar kein richtiges Kind."*

Daraus spricht nur Unwissenheit und Unsicherheit. Ich würde mit den anderen gerne offen drüber reden. Das Problem liegt eher bei den anderen. Für meinen Vater ist es ganz unangenehm. Sein kleines Mädchen. Das ist nie passiert. Er guckt verlegen weg, wenn das Thema doch mal aufkommt.

Meine Mutter ist auch ganz komisch. Ja, sie kommt mir so vor, als dürfe man nicht drüber reden. Die Stimme wird recht leise und gedeckt. Meine Schwester, ja, mit der konnte ich drüber reden, hätte sie nicht selber ihre eigenen Probleme.

Solche Seiten wie diese, Foren, Gruppen... Die haben mir geholfen. Wobei sie auch Angst machen können, wenn man liest, wie spät manche Eltern ihre ungeborene Liebe gehen lassen müssen.
Wir Frauen müssen ganz schön stark sein.

Keiner, der das durchgemacht hat, wird uns Frauen mit Fehlgeburten je verstehen können.

Christiane hat nach zwei Fehlgeburten eine Tochter bekommen.

Das Ende vom Anfang – Christiane
Christiane (35)Erzieherin

Ich bin 35 Jahre alt und seit 13 Jahren in einer festen Beziehung. Ich bin ein fröhlicher Mensch, der eigentlich mit jedem klar kommt. Aber auch jemand, der jedem alles recht machen will, jedem gefallen will. Ich bin sehr sensibel, schon als Kind gewesen. Rückschläge verkrafte ich nicht gut.

Kinder sind mein Leben, schon immer wollte ich mit Kindern arbeiten und auf jeden Fall Kinder haben. Das mit der Arbeit habe ich schnell geschafft. Eigentlich wollte ich auch viel früher Mutter werden. Aber naja, man merkt zu spät, dass es dafür keinen richtigen Zeitpunkt gibt.

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Wenn das Herz bricht.

Am 04.07.2020 veröffentlicht.
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Zwei Fehlgeburten und zwei Gebärmütter

Am 23.09.2020 veröffentlicht.