Andrea (45)Mutter

Es fing schon alles falsch an.

Mit 44 bekommt Andrea nochmal ein Baby. Sie rechnet mit allem. Außer mit einer Fehlgeburt. Als sie jedoch Schmerzen und Blutungen hat, weiß sie, dass sie dieses Kind verlieren wird.

Irgendwie hatte ich nur so eine leise Ahnung, dass ich schwanger sein könnte. Es war der 23. Mai 2022, als ich leicht positiv testete. Zuvor war mir so unterschwellig dauernd übel, ich hatte Verdauungsprobleme, bekam meine Menstruation nicht. Also gut: positiv!

Ich war total aus dem Häuschen vor Glück. Mit 44 hätte ich das wirklich nicht mehr erwartet. Und zunächst wurde ich zu einer Glucke, bestellte die Babybox, malte mir aus, wie ich die Geburt haben wollte. Im Kopf war ich schon fertig. Mit einer Fehlgeburt habe ich nie gerechnet.

Aber die Tage vergingen, und die gewohnte Übelkeit wurde nicht mehr, obwohl ich schon ein Typ bin, der sich in der Schwangerschaft erbricht, als gäbe es kein Morgen mehr, und das schon ziemlich früh. Dennoch dachte ich nichts Schlimmes. Müde war ich ja. Und das war aber auch das einzige, das sich hartnäckig hielt: diese wahnsinnige Müdigkeit, dazu Brustspannen.

Dann stand eine kurze Reise an, nur übers Wochenende. An dem Tag wachte ich auf und hatte so schwere Schmerzen in der linken Achsel und dem ganzen Arm. Hätte ich damals gewusst, dass das schon ein Warnzeichen war, ich wäre zuhause geblieben. Die Unruhe auf der Reise blieb. Unbehagen hat sich breit gemacht, und ich konnte es nicht abschütteln. Aber es blieb alles ruhig, auch die Tage danach noch, und ich hatte es fast vergessen. Dann der Schock: Ich hatte rosa Ausfluss, so richtig heftig, aber noch nicht blutig. Ich versuchte, mich zu beruhigen.

Dann hörte es wieder auf. Am nächsten Tag hatten wir meine Geburtstagsfeier, und schon morgens war mir klar, dass es dem Ende entgegen ging mit immer stärkeren Krämpfen und Rückenschmerzen. Es war nicht(s) mehr aufzuhalten.

Wir sind dann ins Krankenhaus gefahren, aber mir wurde eine Behandlung verweigert, weil es ja "nur" Zwischenblutungen hätten sein können. Ich hatte aber eindeutige Blutungen. Es war vorbei. Dabei hätte mir ein Ultraschall so viel geholfen: zu sehen, dass nichts (mehr) zu sehen ist, oder noch nie wirklich was da war.

Ich war im Schock, es gab einfach nichts Greifbares, keine Ursache. Ich konnte mich nicht damit abfinden, und habe mir nur gewünscht, dass dieses Bluten endlich ein Ende nimmt, auch wenn das bedeutete, dass mein Baby weg war. Ich habe gespürt, wie es buchstäblich aus meinem Körper gefallen ist.

Die Wochen danach vergingen, ich habe funktioniert, habe wenig bis gar keine Empathie bekommen, als hätte ich kein Recht, zu trauern, weil ich ja schon Kinder hätte. Als wäre das trostreich! Ich habe geweint, habe Gott und mich angeklagt, habe Ursachen gesucht, aber nicht gefunden.

Ich bin bis jetzt nicht wieder schwanger geworden.

Das Ende vom Anfang – Andrea
Andrea (45)Mutter

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Vom schönsten Gefühl der Welt zur absoluten Traurigkeit.

Am 10.11.2022 veröffentlicht.
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