Susan (32)Kindheitspädagogin

Intuition, Schmerz, Erschöpfung, Hoffnung

Susan freute sich nie so richtig über ihre positiven Schwangerschaftstests. Stattdessen schwang immer viel Unbehagen mit. Unbehagen, das sich bewahrheiten sollte: in zwei Missed Abortions. Hier berichtet sie, wie ihr beide zu schaffen machten.

Es ist Februar 2022, der Schwangerschaftstest zeigt leicht positiv an, mir ist übel und irgendwie spüre ich keine Freude. Irgendwie spüre ich Sorge, ich spüre Unbehagen und Zweifel. Eine Woche später die Diagnose: Missed Abortion. Ich weine, ich schreie in die Stille unseres Hauses „Warum?“, und rolle mich auf dem Sofa zusammen. Ich fühle mich benommen, im Taumel, kann das alles gar nicht fassen. Drei Wochen später geht es mir besser, ich durfte auf meinen Körper vertrauen und alles ist auf natürlichem Wege abgegangen. Das brauchte ich, diesen langsamen, stillen Abschied. Doch wahrscheinlich begann ich zu früh mit dem Alltag, ging wieder arbeiten. Wenige Wochen später fiel ich in eine Depression. Ich stellte alles in Frage, hatte Erschöpfungs- und Angstzustände. Ich ging zur Therapie und konnte alles loswerden, vieles neu sortieren, loslassen.

Im August, hielt ich erneut einen leicht positiven Test in meiner Hand. Schon wieder keine Freude, wieder dieses Unbehagen. Ich frage mich, was ist nur los. Warum freue ich mich nicht? Die erste Untersuchung zeigt eine dick aufgebaute Schleimhaut, gutes Zeichen. Die zweite Untersuchung zeigt eine noch leere Fruchthöhle. Der Arzt ist genauso unsicher wie ich es bin. Die Blutwerte zeigen deutlich an, dass wir hoffen dürfen. Die nächsten Tage sind geprägt von starker Übelkeit, verordneter Bettruhe, Zweifel, Sorge.

Endlich sehen wir ein Pochen auf dem Bildschirm! Ja, das Herz schlägt. Doch noch immer habe ich gemischte Gefühle. Ich bekomme Angst, dass ich wieder in eine Depression rutsche. Warum kann ich keine Freude empfinden? Warum fühlt sich alles so schwer an? Ich habe die starke Übelkeit mittlerweile satt, die Bettruhe auch. Versinke in Selbstmitleid. Doch plötzlich ist keine Übelkeit mehr da. Wenige Tage später ist beim Ultraschall kein Herzschlag mehr zu sehen. Alles ist still, ich sehe in betroffene Gesichter, ein Arzt der mir versucht, zu erklären was nun auf mich zukommt.

Ich höre nur Bruchstücke: „…zwei Wochen, Ihrem Körper Zeit geben,… Ausschabung,… Schmerzen,… bei sehr starken Blutungen oder Schmerzen sofort ins Krankenhaus…“ Ich nicke bei jeder Information und nehme sie doch nicht richtig wahr. Ich fahre nach Hause, das Warten beginnt. Ich möchte auf gar keinen Fall eine Ausschabung. Ich möchte nicht ins Krankenhaus. Ich spreche offen über die Diagnose, um besser verstanden zu werden, um Trost zu finden, um alles Geschehene zu sortieren. Und dann, fast drei Wochen nach der Diagnose – endlich – der natürliche Abgang beginnt. Ich nehme Schmerztabletten, verkrampfe auf Toilette, atme, bin ganz bei mir, das Blut kommt immer wieder im Schwall heraus. Ich bekomme Angst, versuche dennoch auf meinen Körper zu vertrauen. Und kann zum zweiten Mal langsam und still Abschied nehmen.

Es dauert einige Tage, bis die Blutungen enden. Ich danke meinem Körper, dass ich vertrauen konnte, dass ich diese tiefe Intuition von der ersten Sekunde an wahrnehmen durfte. Ich danke meiner Familie und meinen Freunden, ich danke allen Menschen, die mir in dieser schweren Zeit beistanden. Und ja, es tut immer noch weh, doch darüber reden und schreiben hilft mir sehr.

Das Ende vom Anfang – Susan
Susan (32)Kindheitspädagogin

Ich bin 32 Jahre alt, lebe mit meinem Mann und meiner Tochter in Mecklenburg-Vorpommern. Ich bin Kindheitspädagogin, eine hochsensible Seele und bin gern in der Natur unterwegs.

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Es fing schon alles falsch an.

Am 05.01.2023 veröffentlicht.
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Eine früh erkannte Eileiterschwangerschaft

Am 24.02.2023 veröffentlicht.